Predigt in der Matthäuskirche Landau zur Jubelkonfirmation am 18.06.2023
Pfarrer Dr. theol. Stefan Bauer
Matthäus 13,45f.
45 Das Himmelreich gleicht einem Kaufmann, der gute Perlen suchte, 46 und da er eine kostbare Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.
Liebe Jubilare, liebe Angehörige, liebe Gemeinde,
die Perlen des Glaubens haben wir dieses Jahr mit den Konfirmanden zur Konfirmation kennen gelernt. Ich dachte, ich möchte den jungen Leuten etwas mitgeben, was sie länger begleiten kann, was sie sich merken können, wenn sie wollen.
Auf einem Wochenende, das wir in Otterberg verbrachten, haben alle Konfirmanden sich ihr eigenes Perlenarmband selbst hergestellt aus schönen, glatten, kalten Halbedelsteinen, Achat, Jade, Tigerauge und andere.
Für ihre Konfirmation haben die Konfirmanden dieses Altartuch gestaltet. Im Gottesdienst stellte dann jeder Konfirmand eine Perle vor.
Die Perlen wurden in Schweden von Martin Lönnebo, Pfarrer, geboren 1930 erfunden. Er ist dieses Jahr am 26. April gestorben. Er wollte auch etwas für die Menschen schaffen, mit dem der Glaube sie in ihren Alltag begleiten kann.
Und so hab ich mir gedacht, das wäre doch auch etwas für uns heute.
Ich finde, das geht mit den Perlen des Glaubens wirklich gut, den Glauben mit in den Alltag zu nehmen. Ich trage sie jedenfalls oft und gern und ich nehme sie auch zur Hand, wenn ich etwas Zeit habe – die ein oder andere Perle, welche ich gerade besonders nötig brauche.
Vielleicht können uns die Perlen helfen, an die Zeiten denken, die Sie erlebt haben.
Ich beginne mit der goldenen Gottesperle. Gott steht am Anfang, er ist der Schöpfer, die Quelle des Lebens. Wenn ich die Schöpfung betrachte, dann weiß ich, dass Gott größer ist als die oft chaotische Geschichte, die wir Menschen schreiben.
Sie, liebe Frau J., liebe Eiserne Jubilarin, die erste, der wir gratulieren können, Sie sind 1943 geboren, als noch Krieg war. In der Zeit des Wiederaufbaus waren Sie ein Kind. Und 1958, im Jahr Ihrer Konfirmation, da wurde in Landau sicher noch viel gebaut. Ab 1950 hat Landau Kriegsflüchtlinge aufgenommen, die Wohnungsnot war riesig. In den 50er Jahren war das Malerviertel neu ent-standen, weitere folgten.
1963, das Jahr, in dem Ihr Diamantenen konfirmiert worden seid, war dann schon eine Zeit, in der es doch in vielen Familien schon Fernseher gab. Wahrscheinlich wurde gerade am neuen Kaufhof gebaut – der wurde 1964 eröffnet. Das credo der Eltern war ja, der Jugend sollte es einmal besser gehen. Manche konnten schon mit dem Auto in Urlaub fahren. Es ging aufwärts.
Und da wurde mit den Jahren auch alles etwas freier. Die 1973 konfirmierten, die konnten schon das neue Kursmodell, das Pfarrer Kreiter eingerichtet hatte, genießen. Die Jugend wurde mehr ernst genommen und konnte sich mehr herausnehmen. In den 70ern wurden die Farben grell und die Kleidung moderner. So modern, dass man heute die alten Fotos kaum mehr anschauen kann.
Bestimmt sahen die Kleider zur Konfirmation anders aus als zehn Jahre zuvor.
Die Zeiten und Moden und Rahmenbedingungen wechseln. Gott aber steht über der Geschichte. Er wird vielleicht zu verschiedenen Zeiten verschieden gesehen. Der Glaube bleibt auch nicht unverändert. Aber im Auf und Ab der Geschichte ist dennoch Gott derselbe, der er schon für unsere Großeltern war.
Was sich ändert, das ist die Sicht auf uns selbst. Am Perlenarmband folgt die kleine Ich-Perle.
Wie hat man sich gesehen, wenn man 1944 geboren ist, in den Trümmern des Kriegs? Vielleicht hat man das als Bewahrung erlebt?
Wie sahen sich Kinder, die 1949 geboren sind? Da hatten die Erwachsenen immer noch wenig Zeit für die Kinder – es war so viel aufzubauen.
Und wie sahen sich die Kinder, die 59 geboren sind? In doch schon geregelte Verhältnisse hinein, so ein wenig ins gemachte Nest. Die Wohlstandszeiten begannen, dafür steht ja auch der Babyboom.
Am Perlenarmband folgt die große weiße Taufperle.
Sie kann uns vergewissern, dass wir zu Gott gehören. In der Taufperle ist ja zugleich die Konfirmation enthalten. Gott hat sich in der Taufe zu uns gestellt. Wir haben uns in der Konfirmation zu Gott gestellt.
Die Wüsten-Perle. Mir fällt Psalm 23 ein – Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürcht ich kein Unglück, denn du bist bei mir.
Finstere Täler, Durststrecken erleben wir. Wir müssen manchen Abschied nehmen von vertrauten Menschen. Wir durchleben Krisen. Für diese Zeiten steht die Wüsten-Perle. Das Armband bildet unser Leben ab.
Die blaue Perle der Gelassenheit steht für mich für Urlaubsmomente – vielleicht am blauen Meer oder unter einem weiten Berghimmel. Wenn ich mich gegenüber der gewaltigen Schöfpung als klein erleben darf, dann kann mir das Gelassenheit geben. Das Heil der Welt hängt nicht an mir. Ich muss auch nicht alle Fäden halten, alles kontrollieren. Die Dinge haben ihren von Gott gesetzten Lauf, dem ich mich auch anvertrauen darf. Die Perle der Gelassenheit. Hierher gehört für mich der Dank für so viele Jahre der Bewahrung – fünfzig, sechzig, 65 Jahre nachdem ihr Jubilarinnen und Jubilare jugendlich wart. Ich hoffe, ihr konntet Gottes Begleitung und Schutz spüren, die Kraft, die er geben kann.
Die beiden roten Perlen der Liebe. Wir denken heute an geliebte Menschen. Liebe gehört zum Menschsein dazu – das Gegenüber von Ich und Du, aber auch das Gegen-über von Gott und Mensch. Wenn es gut geht, ist unser Miteinander von Liebe geprägt, einer Liebe, wie sie Jesus vorgelebt hat.
Drei kleine Perlen für die Geheimnisse in unserem Leben. Seien wir uns bewusst, dass wir sie nur vor anderen Men-schen verbergen können. Gott sind sie offenbar. Ihm dürfen wir sie auch im Gebet sagen – die Momente unseres Versagens, die Versöhnung, für die es irgendwann zu spät war, die Dinge, an die wir nicht rühren, weil sie uns zu sehr belasten. Jeder Mensch sammelt solche Geheimnisse auf seinem Lebensweg an. Gut, dass sie bei Gott ihren Platz haben.
Schwarz ist die Nacht-Perle. Wer einschlafen können will, der braucht Vertrauen, dass es ein Erwachen gibt. Wer einschlafen können will, der muss den Tag loslassen können. Schlaf ist wie ein kleiner Tod – wir geben die Kontrolle ganz weg. Wir müssen alles und uns selbst gehen lassen.
Wenn ich den Schlaf suche, dann zähle ich keine Schäfchen, sondern dann sage ich einen Psalmvers auf: Ich liege und schlafe ganz mit Frieden, denn allein du, Herr, machst, dass ich sicher wohne. Psalm 4, Vers 2 – so lange, bis ich eingeschlafen bin. Ich kann es empfehlen!
Vielleicht ist die weiße Auferstehungsperle die wichtigste am ganzen Armband. Denn sie sagt mir, dass mein hier begrenztes Leben in Gottes Hand aufbewahrt bleibt. Dass nicht alles hier auf Erden an meinem kleinen Bemühen hängt und an meinen begrenzten Kräften, dasses eine Heimat in Christus für mich gibt, das ist für mich die einzige Quelle für Trost und für Hoffnung.
Wie habt Ihr Jubilare euer Leben erlebt? Was hat Euch Kraft gegeben? Findet Ihr in den Bedeutungen der Perlen auch das wieder, was Eurem Leben Sinn gegeben hat durch die Jahre? – Die Liebe? Das Getragensein? Die Hoffnung, die aus Krisen herausführt? Die Geborgenheit bei Gott, auf dessen dreifachen Namen Ihr getauft seid?
Ich freue mich sehr darüber, dass Euer Weg heute wieder in die Kirche führt. Dass Ihr Euch eine Verbindung bewahrt habt. Ich freue mich, dass die Konfirmation Euch heute noch einmal zusammen bringt. Ich freue mich auf die Geschichten, die wir nachher noch erzählen werden.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.