Predigt zum 1. Sonntag nach Trinitatis von Vikar Maximilian Kölsch
Matthäuskirche Landau
Jeremia 23, 16-29:
16So spricht der Herr Zebaot: Hört nicht auf die Worte dieser Propheten! Mit ihrem prophetischen Gerede täuschen sie euch. Sie verkünden euch, was ihnen ihr Herz einflüstert. Nichts davon kommt aus dem Mund des Herrn. 17Sie beruhigen diejenigen, die mich verachten, und behaupten immer und immer wieder: »Der Herr hat gesprochen: Ihr werdet in Frieden und in Sicherheit leben.« Auch für jeden, der seinem sturen Herzen folgt, haben sie dieselbe Botschaft: »Es wird kein Unheil über euch kommen!« Diese Propheten haben keinen Auftrag von Gott 18Aber wer von ihnen stand vor dem Herrn? Wer gehört zum Kreis seiner Vertrauten, sodass er sein Wort sehen und hören kann? Wer hat auf sein Wort geachtet? Wer hat es wirklich gehört? 19Seht her: Der Sturmwind bricht los. Die Wut des Herrn wirbelt alles durcheinander und braust über die Köpfe der Frevler hinweg. 20Der Zorn des Herrn wird nicht aufhören zu wüten, bis er alles vollbracht hat – bis er getan hat, was sich der Herr in seinem Herzen vorgenommen hat. Wenn es so weit ist, werdet ihr das alles begreifen. 21Ich habe diese Propheten nicht geschickt, sie aber kommen trotzdem angelaufen. Ich habe nicht zu ihnen gesprochen, sie aber reden trotzdem prophetisch. 22Sie standen nicht im Kreis meiner Vertrauten. Sonst könnten sie meinem Volk meine Worte verkünden. Sonst würden sie es auf den rechten Weg zurückbringen und die Leute davon abbringen, Böses zu tun. Gott kennt das Treiben der Propheten ganz genau 23Bin ich nur ein Gott, der den Menschen nahe ist? Oder bin ich nicht auch ein Gott, der fern ist? – So lautet der Ausspruch des Herrn. 24Kann sich jemand so gut vor mir verstecken, dass ich ihn nicht sehe? – Ausspruch des Herrn – Bin nicht ich es, der Himmel und Erde erfüllt? – So lautet der Ausspruch des Herrn. 25Ich habe genau gehört, was diese Propheten in meinem Namen verkündet haben. Ihre prophetischen Botschaften sind erlogen, wenn sie behaupten: »Ich hatte einen Traum! Ja, einen prophetischen Traum!« 26Wie lange soll das noch so gehen? Was wollen sie denn erreichen, wenn sie erlogene Botschaften verkünden, wenn sie das sagen, was ihnen ihr Herz einflüstert? 27Einer erzählt dem anderen seinen Traum. Wollen sie, dass mein Volk so meinen Namen vergisst? Genauso haben es schon ihre Vorfahren getan: Sie haben meinen Namen wegen Baal vergessen. 28Ein Prophet, der Träume hat, soll Träume erzählen! Wer aber mein Wort hat, soll mein Wort verkünden – in aller Wahrheit! Dann wird sich zeigen, was Stroh und was Getreide ist. – So lautet der Ausspruch des Herrn. 29Ist mein Wort nicht wie Feuer? – Ausspruch des Herrn – Ist es nicht wie ein Hammer, der Felsen zerschlägt?
Liebe Gemeinde,
heute wird es eine vergleichsweise kurze Predigt geben. Denn der heutige Text lässt mich ratlos zurück. Und schnell ist zu viel gesagt. Dabei ist der Text doch aktueller denn je. Es geht um falsche Propheten, Fake News, die im Namen Gottes verbreitet werden. Wir tun uns schwer sie zu erkennen. Selbst die Menschen im Alten Testament wussten nicht immer, was wahr und was erlogen und erfunden war. Gott ist wütend über die Menschen, die in seinem Namen Sicherheit und Frieden predigen und dabei die äußeren Umstände ignorieren und das Volk zu einem „weiter so“ anstiften. Für das Buch Jeremia mit einer der Gründe, warum das Volk Judas unterging und Jerusalem und vor allem der Tempel in Jerusalem von den Babyloniern zerstört wurde. Der Ort, an dem die Gegenwart Gottes am deutlichsten spürbar wurde, der zentrale Kultort, gibt es nicht mehr. Es ist eine Katastrophe für die Judäerinnen und Judäer. Was bleibt sind die Ängste um das Überleben, die Frage, wie die eigene Religion ohne den zentralen Kultort weitergelebt werden kann, und vor allem die unerfüllten Versprechungen der falschen Propheten. Die scheinbare Sicherheit und der einfache Friede, denn die Prophetinnen und Propheten gepredigt hatten, ist nicht eingetreten. Es waren Verheißungen eines einfachen Weges. Es klingt verlockend. Doch was zunächst einfach erschien, endete für die Menschen Judas in einer großen Katastrophe.
Seit ich den Text gelesen habe, lassen mich diese Bilder nicht mehr los. Und ich frage mich: sind wir in einer ähnlichen Situation, wie die Menschen damals vor der Katastrophe in Juda. Wir bekommen es ja alle mit: unserer Welt geht es aktuell nicht besonders gut. Allen voran die Klimakrise macht uns, der Natur und der ganzen Welt zu schaffen. Immer öfter spüren wir auch bei uns die Auswirkungen des Klimawandels. Dörfer und Städte werden überschwemmt, Keller laufen voll, Menschen verlieren ihr Zuhause und ihre Existenzgrundlage. Auf der anderen Seite trocknen ganze Landstriche aus, Pflanzen und Tiere bekommen nicht mehr genug Wasser. Alles wird extremer. Und trotzdem gibt es Menschen, die beschwichtigen, die behaupten, dass alles nicht so schlimm sei. Lasst uns doch so weiterleben, wie die letzten Jahrzehnte. Viel schlimmes wird nicht passieren. „Weiter so“, so könnte man es zusammenfassen. Diese Einstellung macht mir Angst. Klar kann ich verstehen, dass Veränderungen für viele Menschen nicht einfach ist und dass manche Aktionen und Entscheidungen zu forsch sind oder für die meisten Menschen nicht nachvollziehbar. Aber es muss etwas gemacht werden. Sicherheit und Friede kann es nur dann geben, wenn es unserem Planeten und unserer Umwelt gut geht. Wenn wir uns um sie kümmern, wie es der Auftrag Gottes an uns Menschen ist. Der einfache Weg des „weiter so“ hilft niemanden. Aus meiner Sicht ist dabei aber auch wichtig, alle Menschen mitzunehmen. Mit ihnen in den Austausch und Dialog zu gehen. Viele Menschen sind überfordert von den ganzen Herausforderungen, mich selbst eingeschlossen. Doch wenn wir gemeinsam im Austausch versuchen Lösungen zu finden, aufeinander zugehen und uns versuchen zu verstehen, statt immer nur zu streiten und das Negative beim anderen zu sehen, dann haben wir eine echte Chance. Dann können Frieden und Sicherheit entstehen. Für uns und für die Menschen, die noch schlimmer von der Klimakrise betroffen sind. Gerade mit Blick auf Pfingsten, dass hinter uns liegt, macht es mir Hoffnung, dass Gott uns mit der Geistkraft begleitet und uns hilft aufeinander zuzugehen.
In dem Lied vor der Predigt haben wir genau davon gesungen, „Wir wollen aufstehen, aufeinander zugehen, voneinander lernen, miteinander umzugehen.“ Es braucht Mut auf andere zuzugehen. Sich mit Fremdem auseinandersetzen ist oftmals eine Herausforderung. Aber es lohnt sich jedes Mal. Die größte Herausforderung ist dann natürlich der Umgang miteinander, sodass die Grenzen von mir und der Person mir gegenüber gewahrt bleiben. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, aus welchem Land die Person kommt, welche Religion oder Hautfarbe sie hat, wen sie liebt oder welche Sprache sie spricht. Jeder Mensch hat es verdient mit Respekt und Würde behandelt zu werden. Unser Grundgesetz ist diese Woche 75 Jahre alt geworden. Und im ersten Artikel steht genau dieser Grundsatz drin: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Es ist ein Grundsatz, mit dem man gut und gerne leben kann. Doch nicht alle Menschen teilen diese Auffassung. Sie werden von dem Video in den sozialen Medien mitbekommen haben, auf dem eine Gruppe junger Menschen, Menschen aus meiner Generation, auf Sylt feierten und dabei rechte Parolen auf ein Lied sangen, in dem es eigentlich um die Liebe zwischen zwei Menschen geht. Es ist für mich erschreckend. Ich verstehe nicht, wie man solche Ansichten unterstützen kann. Und es macht mir Angst. Angst vor der Zeit, von der ich nur von meiner Großmutter und aus dem Geschichtsunterricht gehört habe. Eine Zeit, in der Menschen in Deutschland verfolgt wurden, weil sie nicht einer gewissen Norm entsprachen. Warum kann ich Menschen nicht einfach so leben lassen, wie sie es verdient haben? In Würde und Respekt! Das Erstarken von rechtem Gedankengut, von Menschenfeindlichkeit und falschem Nationalstolz machen mir Angst und machen mich aber auch gleichzeitig traurig. Unser Grundgesetz steht dafür ein, dass das nicht mehr passieren sollte, was vor knapp 90 Jahren in den Zeiten vor dem Weltkrieg und währenddessen in Deutschland passierte. „Nie wieder ist jetzt!“ Mit diesem Motto gehen zum Glück viele Menschen gegen rechts auf die Straße. Gegen ein „Zurück“, wie es von rechten Parteien und Vereinigungen propagiert wird. Gegen ein „weiter so“ von rechtem Gedankengut. Das macht mir Mut.
Als in der Landauer Innenstadt die Demonstration gegen Rechts war, da konnte ich spüren, welche Kraft unsere Demokratie und unsere Freiheit haben kann. Menschen unterschiedlichen Alters und Herkunft, unterschiedlicher politischer Richtungen und Gesellschaftsschichten standen zusammen. Es herrschte eine positive und angenehme Stimmung. „Nie wieder ist jetzt und deshalb halten wir zusammen.“ In diesem Moment hat man gemerkt, was es ausmachen kann, wenn man aufeinander zugeht. Und vielleicht sind auch Menschen dadurch ins Gespräch gekommen, haben Grenzen überwunden, die sich sonst nie begegnet wären. Gerade für uns Christinnen und Christen liegt hier die Chance Brücken zu bauen und das zu tun, was Jesus uns gelehrt hat zu tun. Liebe deinen Nächsten. Egal ob arm oder reich, egal ob jung oder alt, mit hellerer oder dunklerer Hautfarbe. Es gibt eine biblische Tradition, die Jesus als letzter Prophet in der Reihe von Gottes Prophetinnen und Propheten sieht. Und von Jesus wissen wir, dass er kein falscher Prophet war. Ihm können wir vertrauen. Deshalb möchte ich uns allen, Ihnen und auch mir selbst Mut machen, Grenzen zu überwinden, Brücken zu bauen und sich für die Menschen und unsere Umwelt einzusetzen. Unser Gott ist ein liebender Gott. Er nimmt die Menschen an. Sein höchstes Gebot ist die Liebe. Und die können wir weitertragen und leben; dem Hass und der Hetze, dem „weiter so“ entgegensetzen. Jesus hat es vorgemacht. Und dafür bin ich dankbar!
Amen