Gott etwas zutrauen – Hoffnungsmensch werden

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Predigt zum 3. Advent 2023 von Pfr. Dr. Stefan Bauer
Matthäuskirche Landau und Kath. Altenzentrum

Liebe Geschwister,
Advent ist eine ganz besondere Zeit im Jahr. Wir gestalten unsere Umgebung anders, wir holen Sachen aus Kartons und Schränken. Wir essen und trinken anders – es gibt Gebäck und Lebkuchen. Wir hören andere Musik als sonst im Jahr.
Wir denken in dieser Zeit auch verstärkt an Menschen, die uns etwas bedeuten. Ich habe Anrufe bekommen von Menschen, deren Stimme ich lange nicht mehr gehört hatte. – Das alles verdichtet sich zu einem Erlebnis mit allen Sinnen.
Advent ist deshalb so schön, weil diese Zeit fest umrissen ist mit ihren vier Sonntagen und weil sie jedes Jahr wieder kommt. Advent ist der Anlauf, den wir nehmen für den Heiligabend und die Christfesttage.

Nun kann man sagen, das ist alles Quatsch und Kommerz. Bloße Inszenierung und Oberflächlichkeit, nichts als eine grandiose Deko-Offensive, die ziemlich viel Müll hervorbringt und zurücklässt.
Die wichtige Frage ist nämlich, was tut sich in uns drin? Gibt es, verursacht durch die Adventszeit, eine Veränderung in uns drin, die mehr ist als ein willkommener Stimmungswechsel?

Dazu, liebe Gemeinde, haben die Bibeltexte zum heutigen 3. Advent etwas zu sagen. Ich möchte sie mal auf folgenden Nenner bringen: Advent bedeutet, Gott etwas zutrauen.
Wir haben die großartige Prophetie des Jesaja als Altarlesung gehört. Dem Volk im Exil, am Rande der Verzweiflung, kurz davor, sich aufzugeben, wurde die Rückkehr versprochen. Großes Heil!
Jesaja versetzte mit seiner Botschaft die Menschen in eine Adventsstimmung. Er weckte in ihnen eine wunderbare Erwartung, die es ihnen jetzt schon möglich machte, sich auf das Künftige einzustellen. Da wurde ihr Horizont ganz weit und sie schöpften Hoffnung, denn sie trauten Gott das zu, was der Prophet ansagte. Und das ist nicht wenig:
Da wird aus Wüste und aus Einöde blühendes Land. Die Steppe wird ein Meer aus Lilienblüten. Das Trockene und Lebensfeindliche wird so herrlich wie die herrlichsten Landschaften.
Jesaja beschrieb nicht weniger als die Verwandlung der Schöpfung. Die Botschaft war: Gott, der alles das erschaffen konnte, der kann auch in seine Schöpfung eingreifen und Dinge tun, die alle Naturgesetze überschreiten.
Gott modelliert das Land neu – er formt im felsigen Land eine ebene Bahn, auf der die Befreiten in die heilige Stadt ziehen können. Eine bahnbrechende Botschaft!
Das Heil durchströmt die Schöpfung und auch die Menschen. So beschreibt Jesaja: Die Augen der Blinden werden aufgetan, die Ohren der Tauben geöffnet, Lahme springen wie Hir-sche und die Zunge der Stummen wird frohlocken.
Das, liebe Gemeinde, ist unser Gott. Das alles kann er. – Was muss das damals ausgelöst haben? Was für eine heilige Hoffnung hat Gott durch Jesaja in sie hineingepflanzt und sie dadurch verwandelt?

Wenn es wahr ist, dass die Menschen damals Gott diese Dinge zutrauten, dann ist für uns heutzutage sozusagen noch ziemlich viel Luft nach oben, was unsere Hoffnung angeht!

Aber wir lesen diese Texte im Advent, um uns sagen zu lassen: Adventsstimmung, das ist heilige Hoffnung, das ist Aufstehen und die Häupter erheben. Advent, das bedeutet, die von Routine müden Hände stärken und die wankenden Knie der täglichen Ernüchterung und Verzweiflung festmachen. – Advent bedeutet: Gott alles zutrauen!

Der andere Text dieses 3. Advents, liebe Geschwister, versetzt uns in eine andere Zeit – jetzt geht es um Johannes den Täufer.
Er war der letzte Prophet, der letzte Ansager des kommenden Heils und somit Erbe des Jesaja. Jetzt wurde er ins Gefängnis geworfen. Ihn erwartete der Tod. – In dieser Lage sandte er seine Jünger zu Jesus, denn er hatte zwar ausgerichtet, was sein Auftrag war: Er hatte am Jordan auf den hingewiesen, der nach ihm kommen soll. Er kündigte damals an: Ich taufe euch mit Wasser zur Buße; der aber nach mir kommt, ist stärker als ich, und ich bin nicht wert, ihm die Schuhe zu tragen; der wird euch mit dem heiligen Geist und mit Feuer taufen.

Jetzt aber, im Gefängnis, da war dem Johannes sein eigenes Wort fraglich geworden. Was er in Gottes Auftrag getan und gesprochen hat, das musste er jetzt für sich selber noch einmal bestätigt haben. An der Schwelle des Todes wollte er wissen, was er Gott zutrauen kann. Und so ließ er Jesus fragen: Bist du es, der da kommen soll?
Bist du es, der die Adventsstimmung beendet, weil die große Hoffnung hier und jetzt eingelöst wird?

Jesus ließ dem Freund Antwort bringen. Doch zuvor rief er die Jünger des Johannes auf, Zeugen zu werden. Sie sollten sehen, was Jesus tat, die Heilungen, die Totenauferweckungen, die Austreibungen böser Geister. Und sie sollten hören, was die Leute sagten und was Jesus selbst ihnen auftrug.
Und um die Hoffnung des Johannes in der Todeszelle groß zu machen, sprach Jesus eben dieselben Worte des alten Propheten Jesaja. Die Hoffnung, die er dem Volk im Exil gab, die sie aufleben und aufblicken ließ aus ihrer Verzweiflung, dieselbe heilige Hoffnung lässt Jesus seinem Freund Johannes mitteilen: Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf, und Armen wird das Evangelium gepredigt.

Liebe Gemeinde, ich möchte zurückkommen an den Anfang dieser Predigt. Ich hatte gefragt, was in der Adventszeit in uns drin eigentlich geschieht?
Jesaja und Johannes der Täufer helfen uns auf die Sprünge und lassen uns die umstürzende Bedeutung der heiligen Nacht in Bethlehem erkennen:
Dass da ein Stern leuchtete – bedeutet das nicht, dass Gott in seine Schöpfung eingriff?
Dass da die versammelte Weisheit und Wissenschaft der alten Welt zu Füßen eines Kindes Gaben darbrachte – bedeutet das nicht, dass hier einer zur Welt kommt, den Weisheit und Wissen nicht fassen können, den man nur mit dem Herzen erkennen kann?
Dass da ausgerechnet diejenigen zur Krippe pilgern, die für einen Mindestlohn sich die Nächte im Freien um die Ohren schlagen müssen – ausgerechnet die Ärmsten sehen das Wunder zuerst.
Alles das sind Hinweise darauf, dass es im Advent um die größte Hoffnung aller Zeiten geht.

Es geht darum, dass wir Gott wieder etwas zutrauen. Er, der alles erschaffen hat, kann auch alles verwandeln. Er, der im Sohn zur Welt kommt, hat nicht nur die Macht, zu heilen und zu befreien. Er hat auch die Macht über den Tod. Das Böse, das uns bedrängt, hat keine Chance gegen ihn. So ist unser Gott. Er will im Advent unsere Hoffnung entfachen.

Mit unseren Vorbereitungen im Advent reift in uns die Hoffnung, die Gott in uns entfachen will. Und dann hat Gott sein Ziel erreicht. Denn Hoffnungsmenschen können selbst zu Gottes Wundern werden und sich selbst und die Welt verändern.