Persönliche Osterbotschaft

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Osterpredigt von Vikar Maximilian Kölsch zu Mk 16, 1-8, Matthäuskirche Landau

Liebe Gemeinde,

endlich ist Ostern, endlich ist die lange Passionszeit zu Ende. Jesus ist auferstanden, er hat den Tod besiegt. Ein Grund zur Freude, ein Grund zum Feiern. Den Frauen am Grab ist nach feiern nicht wirklich zu mute. Sie kommen zum Grab, um zu trauern. Sie bringen Öle und Salben mit, um die Totensalbung bei Jesus durchzuführen. Sie bereiten sich darauf vor, seinen Leib zu sehen. Früh morgens machen sie sich auf und gehen mit den ersten Sonnenstrahlen an das Grab. Eine schwere Aufgabe liegt vor ihnen. Nicht nur im sprichwörtlichen Sinne, denn um zu Jesus zu gelangen, müssen sie erst den Stein vor dem Grab wegwälzen. Wie sie das machen sollen, das wissen die Frauen noch nicht. Vielleicht ist ja jemand in der Nähe, der ihnen helfen kann. Alleine schaffen die drei das auf keinen Fall.

Ostern beginnt hoffnungslos. Am Anfang steht der Passionsweg Jesu. Jesus, der charismatische Wanderprediger, kluge Lehrer und guter Freund ist gekreuzigt worden. Er wird gefangengenommen und misshandelt. Ihm wird die schlimmste aller Todesstrafen zu Teil. Lebendig an ein Kreuz gehängt und zum Sterben zurückgelassen. Allein und von seinen Freunden verlassen hängt er dort. Schon auf dem Weg zum Kreuz war Jesus alleine. In seiner größten Not schreit er zu Gott. Hat auch Gott ihn verlassen? Wenn die Not und die Bedrückung am größten sind, können selbst die größten Kämpferinnen und Kämpfer der Angst und dem Gefühl des Verlassenseins nicht entkommen. Eine Urangst des Menschen wird in der Kreuzigung Jesus angesprochen. Der Mensch als soziales Wesen ist nicht gerne alleine. Lange Zeit alleine zu sein, auch freiwillig, ist für viele Menschen eine große Herausforderung. Wir Menschen sehnen uns nach Nähe und Geborgenheit. Und ohne diese Zuwendung, kann man schnell hoffnungslos werden. Jesus geht es so. Er fühlt sich alleine und verlassen.

Doch ganz alleine ist er nicht. Maria von Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus und Salome versuchen nahe an Jesus heranzukommen. Sie sind in der Nähe, als er stirbt, so berichtet es Markus. Gemeinsam mit weiteren Weggefährtinnen von Jesus wenden sie sich nicht ab vom Leid. Sie stellen sich der hoffnungslosen Situation und machen weiter. Sie halten an der Botschaft Jesu fest. Während die anderen Jünger und Freunde Jesu weit weg sind, bleiben die Frauen in Jesu nähe, dort wo es gefährlich ist. Und genau die drei Frauen sind es, die trotz aller Hoffnungslosigkeit zum Grab gehen, um sich weiter auch nach seinem Tod um Jesus zu kümmern. Das macht mir Mut. Viele Menschen zeigen gerade diesen Mut. Sie gehen dahin, wohin sich keiner traut. Sie trotzen der Hoffnungslosigkeit. Gerade in Kriegsgebieten gibt es immer wieder die Menschen, die an die schlimmsten Orte gehen, um anderen Menschen zu helfen. Trotz oder gerade wegen der Hoffnungslosigkeit, der Angst und dem Hass, der an solchen Orten spürbar ist, hören sie nicht auf sich für das Gute einzusetzen. Ich bewundere diese Menschen. Ostern gibt mir die Hoffnung, dass mehr Menschen auch diesen Mut fassen können. Dass auch ich diesen Mut fassen kann. Mit Ostern und mit Jesus ist der erste kleine Schritt dafür schon getan. Ein Schritt, auf den viele weitere folgen können. Wie die Frauen, ist die Osterbotschaft für mich daher ein Funken der Hoffnung, der Licht ins Dunkel bringt. Und ermutigt, diesen Funken weiterzutragen und zum Feuer zu entfachen.

Zurück zu den Frauen: Aus dem Dunkel der Nacht treten die Frauen an das Grab von Jesus heran. Und mit den ersten Strahlen der Morgensonne sehen sie, dass das Grab offen ist. Jemand muss den Stein weggewälzt haben. Schnell gehen sie zum Eingang und schauen vorsichtig in das Grab hinein. Ist Jesus noch dort? Oder wurde sein Grab geschändet? Doch die Frauen sehen eine Gestalt, ein Jüngling in weißem Gewand, heißt es. Sie erschrecken sich. Natürlich. Wer rechnet denn mit so etwas? Die Gestalt versucht sie zu beruhigen und spricht ihnen zu, dass Gott Jesus von den Toten auferweckt hat. Jesus ist auferstanden! Und dazu könnt ihr ihn in Galiläa wieder sehen. Erzählt das allen Freunden von Jesus. Ist das nicht ein Grund zur Freude?
Den Frauen ist zunächst aber nach allem anderen als feiern. Sie rennen weg, haben Angst. Was haben sie da eben gesehen und gehört? Jesus ist nicht mehr da, sondern er ist auferstanden? Sie erzählen niemanden davon. So eine Botschaft muss man auch erstmal verdauen. Ein geliebter Mensch, der brutal gestorben ist, um den man sich kümmern wollte, eine letzte Ehre erweisen wollte, ist nicht mehr da. Er ist von den Toten auferstanden, hat den Tod überwunden. Wie ist das möglich?
Nach einer frühen Textversion endet das Markusevangelium hier. Mit der Sprachlosigkeit der Frauen über das Ostergeschehen. Sie begreifen nicht, was sie soeben erlebt haben. Sie rennen davon. Und die Leere, die Stille bleibt stehen. Ostern ist Freude, Ostern ist Hoffnung, aber Ostern ist auch aushalten, verwundert sein, nachdenklich sein. Am Ende rennen auch die mutigen Frauen weg und fürchten sich. Ist das die Botschaft von Ostern, die Markus uns hier zeigen möchte?

Anfangs fand ich diese Frage sehr naheliegend. Doch je intensiver ich mich mit dem Text beschäftigt habe, je öfter ich ihn durchgelesen und mich in die Situation der Frauen hineinversetzt habe, desto mehr bin ich davon überzeugt, dass trotz der Stille und des Aushaltenmüssens, am Ende des Markusevangeliums noch eine andere, eine frohe Botschaft mitschwingt. Zum einen, wie bereits gesehen, die mutigen Frauen, die zum Grab gehen und sich eben nicht abwenden. Und dann finden sie dort eine Gestalt, einen Engel, den Gott geschickt hat. Das Grab ist nicht völlig leer. Gott lässt die Frauen nicht alleine, sondern schickt ihnen jemand, der die frohe Botschaft überbringen soll, der die Gefühle der Frauen auffangen soll. Mit Jesus am Kreuz stand die Befürchtung im Raum, dass Gott die Menschen nun doch verlassen hat. Sein Sohn litt und schrie. Die Frauen waren dabei. Und zu ihnen schickt Gott als erstes einen Engel, einen Jüngling, als Zeichen des Aufbruchs und des Neubeginns. Die Frauen verstehen es anfangs nicht und rennen weg. Doch wer kann es ihnen verübeln. Wer hätte anders gehandelt? Die Frauen brauchen einen Moment, um die Tragweite des Ganzen zu erfassen. Und ich bin mir sicher, Gott begleitete sie dabei. So wie er sie eben nicht alleine in ein leeres Grab gehen ließ. So wird er sie auch nicht mit dieser Botschaft weiter alleine lassen. Ostern ist nachdenklich sein, aber auch begleitet werden. Jesus ist auferstanden. Jesus der unter Menschen lebte und nun bei Gott ist, begleitet die Menschen. Er weiß, was sie brauchen und kommt zu ihnen. Er schweigt mit ihnen, weint mit ihnen, hält die Leere und die Stille mit ihnen aus. Aber er freut sich auch mit ihnen, feiert, singt und lacht mit ihnen. Ostern ist daher immer beides für mich. Mit Ostern beginnt das neue Leben und zum Leben gehört immer beides: Trauer und Freude. Doch mit Jesus ist das Dunkel etwas heller geworden. Das bedeutet Ostern für mich.

Die Frage, was für mich Ostern bedeutet, ist jedes Mal wieder eine kleine Reise für mich. Was bedeutet Ostern für mich? Die Frage begleitet mich durch mein Studium und mein Leben. An dem Text aus dem Markusevangelium mit all seinen Fragen, seinen Schattenseiten und seinem Funken der Hoffnung und des beginnenden Lichts – immerhin gehen die Frauen nicht nur sinnbildlich mit den Strahlen der ersten Sonne zum Grab – konnte ich für mich eine Antwort finden. Ich möchte die Frage aber auch gerne an Sie weitergeben. Was bedeutet Ostern für sie? Haben Sie eine Antwort darauf? Ich habe in meinem Umfeld, hier aus der Gemeinde oder Menschen aus meinem Leben, TheologInnen und Nicht-TheologInnen gefragt, was Ihnen denn Ostern bedeutet. Es kamen die unterschiedlichsten Stimmen zusammen. Allen war gemein, dass sie mit Ostern den Beginn von etwas Neuem verbanden. Mit Ostern tritt Jesus ganz neu und ganz anders mit uns in Kontakt. Mit Ostern kommt Licht in die Welt, die Natur blüht auf und neues Leben entsteht in Gottes Schöpfung. Auch das Leben der Menschen beginnt für manche von Neuem. Mit dem Erwachen der Natur erwacht auch der Mensch. Ostern verbinden viele auch mit der Familie. Es steht für das Leben. Und Leben ist Familie und das Zusammenleben mit anderen Menschen. Es ist nicht eine Frau, die alleine zum Grab geht. Es sind drei Frauen, die die schwere Aufgabe gemeinsam bewältigen. Ostern steht im Zeichen der Gemeinschaft. An Ostern ist auch Zeit sich auf das zu besinnen, was einem wichtig ist und was man hat. Aber nicht nur besinnen, sondern vor allem auch daran erfreuen. Ostern ist ein Freudenfest. Die Auferstehung kann dabei als Überwindung eines Leidens gedeutet werden, das so groß ist, dass man daran schier verzweifelt. Aber das Leben gewinnt und die Lösung überrascht. Gott ist nah und überrascht uns immer wieder aufs Neue. Ostern bringt also Vertrauen, Wärme und Licht. Für die Natur, für die Menschen und ganz besonders für einen selbst.

Dies sind nur ein paar Eindrücke aus den Antworten, die ich auf die Frage bekommen habe. Ostern ist vielfältig, so wie wir Menschen. Ostern birgt den Schatten und vor allem das Licht in sich, so wie unser Leben es auch tut. Ostern bringt Hoffnung durch Jesus Christus. Die Frauen am Grab, die erst fliehen mussten, um zu verstehen, was das alles bedeutet, zeigen uns, dass das Osterwunder nicht einfach zu begreifen ist. Weder damals noch heute. Jesus überwindet den Tod und ermöglicht somit neues Leben. Mit diesem verstandsübersteigenden Wunder setzt sich Gott für uns ein. Mit Jesus an unserer Seite, sind die Schatten weniger dunkel und das Leben blüht auf. Danke Gott, dass du an uns denkst und begleitest. Amen